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ERHARD HEUTE

DER AKTUELLE KOMMENTAR VON ROLAND KOCH,
VORSITZENDER DER LUDWIG-ERHARD-STIFTUNG
Was Soziale Marktwirtschaft und zuckrige Limonade miteinander zu tun haben

Auch in dieser Woche spielte die Frage, welche Regulierungen in einer marktwirtschaftlichen Ordnung systemverträglich und effizient sind, eine besondere Rolle. Die Koalitionsparteien in Berlin haben Vereinbarungen getroffen, die sowohl beim Klimaschutzgesetz, als auch beim Austausch der Heizungen in Wohngebäuden auf mehr Pragmatismus und zumindest im Ungefähren auf weniger ideologische Lösungen hoffen lassen.

Ich möchte heute die Debatte über Verbotspolitik versus Marktwirtschaft an einem anderen Beispiel vertiefen. Der Landwirtschaftsminister strebt ein Werbeverbot für „ungesundes Essen“ an. Gesetzliche Regeln sollen verbieten, solche Werbung in einer Weise zu verbreiten, dass besonders junge Menschen mit Kaufanreizen konfrontiert werden. Ist schon die Ausgabe eines solchen Ziels ein Verstoß gegen die Grundregeln der Sozialen Marktwirtschaft? Meine Antwort darauf lautet: Nein! Die Übergewichtigkeit von Kindern ist auch in Deutschland ein Problem. Aus Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse in Hannover geht hervor, dass zwischen 2011 und 2021 die Zahl der von Adipositas betroffenen 6- bis 18-Jährigen um 33,5 Prozent gewachsen ist. Bei der Teilgruppe der 15- bis 18-Jährigen erhöhte sie sich um 42,5 Prozent und bei Jungen von 15 bis 18 Jahren gar um 54,5 Prozent.

Auch bei richtigen Zielen sind Verbote oft ein schlechter Weg

Ein Werbeverbot ist dennoch eine ungeeignete Maßnahme. Sie zwingt den Staat zu vielen detaillierten Vorgaben. Welches Medium wird vom Werbebannstrahl getroffen? Gibt es auch ein Verbot für Influencer in den sozialen Medien? Wer misst die aktuell benannten 100 Meter Umkreis um Schulen und Kindergärten? Aber vor allem, welche Lebensmittel genau werden von dem Werbeverbot getroffen? Wer führt die Liste? Welche Behörde kontrolliert und setzt die Regeln um? Das sind nur einige der zentralen Fragen. Aus 10 Paragraphen werden 200 Seiten Verwaltungsanordnung.

Bedeutet dies, dass Befürworter der Sozialen Marktwirtschaft empfehlen, einfach wegzusehen? Wieder lautet die Antwort: Nein! Allerdings mit der Einschränkung, dass die Freiheit der Bürger als Konsumenten so wichtig ist, dass die Gründe des allgemeinen Wohls schon sehr schwer wiegen müssen, um eine Berechtigung zu sehen, hier mit Vorschriften einzugreifen. Heute wird an zu vielen Stellen nach staatlicher Bevormundung und Absicherung gerufen, und das hat dann mit einer freien Gesellschaft nur noch wenig zu tun. Das Recht, nach der eigenen Vorstellung glücklich zu werden, beinhaltet ausdrücklich das Recht, ungesund, unsportlich und riskant zu leben.

Die Briten lassen den Markt für ihre Ziele arbeiten

In Großbritannien gibt es seit einigen Jahren eine entschlossene und zugleich marktwirtschaftliche Antwort auf die sehr hohen Zuckeranteile in Lebensmitteln. Es ist eine Zuckersteuer, die 2016 beschlossen und 2018 eingeführt wurde. Ihre Ergebnisse kann man schon heute beobachten. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hatte darüber am 19. März 2023 ausführlich berichtet.

Immerhin geht es um 29 Pence je Liter Limonade, wenn darin mehr als acht Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthalten sind. Eine Studie hat ergeben, dass die beobachteten britischen Bürger ihren Zuckerkonsum in Folge dieser Steuer deutlich reduziert haben. Immerhin ist da von einem Zuckergehalt von 50 Dosen Coca-Cola pro Person und Jahr die Rede. Wichtiger jedoch ist der zweite Effekt, den zwei deutsche Forscher der Universität in Glasgow herausfanden. Die eigentlich wichtige Grenze liegt nicht bei den 8 Gramm pro 100 ml, sondern vielmehr bei 5 Gramm pro 100ml. Denn bei Getränken, die diesen Wert unterschreiten, entfällt die Steuer. Und siehe da: Sehr viele Limonade-Produzenten haben die Zeit zwischen dem Beschluss des Gesetzes im Jahr 2016 und seinem Inkrafttreten im Jahr 2018 genutzt, um den Zuckergehalt ihrer Limonade unter 5 Gramm abzusenken und so die Steuer zu sparen. 84 Prozent der Kalorienreduzierung kommen von der Änderung der Produkte, oft genau auf 4,9 Gramm Zucker, und das ohne finanzielle Belastung der Konsumenten. Fanta, Sprite und Co. enthalten auf der Insel heute nur halb so viel Zucker wie in Deutschland.

Wir brauchen keine „Werbepolizei“ für Süßigkeiten

Für den Finanzminister ist die Steuer kein großer Erfolg, aber für die Gesundheit der Bürger schon. Man muss keine neuen Steuern mögen, aber die Frage, ob es nicht klüger wäre, die Kräfte des Marktes anstelle einer neuen Werbebürokratie und „Werbepolizei“ wirken zu lassen, ist zu stellen. Zugleich ist das geschilderte Beispiel mit den konkret nachweisbaren britischen Erfahrungen auch geeignet, weit über das konkrete Thema hinaus vielen Mitbürgern, die sich nicht täglich mit Ordnungspolitik beschäftigen können und wollen, die Vorteile der Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft zu verdeutlichen.

Jeder Eingriff in den Markt ist ein Eingriff in die Freiheit der Bürger und je weniger es davon gibt, umso eigenverantwortlicher können Menschen entscheiden. Aber auch die Anhänger der erfolgreichen Grundsätze Ludwig Erhards wissen um den Bedarf an Regeln und auch den öffentlichen Druck, dem Politiker diesbezüglich ausgesetzt sind. Aber selbst unter diesem Gesichtspunkt gibt es Optionen. Das kleinkarierte Werbeverbot für bestimmte Lebensmittel ist nicht der richtige Weg.

P.S.: Ich wünsche Ihnen schon jetzt ein frohes Osterfest, und Sie lesen am 14. April wieder einen neuen Kommentar der Ludwig-Erhard-Stiftung.

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19VR3228, Amtsgericht Bonn
Vertretungsberechtigt gemäß Satzung:
Prof. Dr. h.c. mult. Roland Koch, Vorsitzender
Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Blum, stellvertretender Vorsitzender
Prof. Dr. Godelieve Quisthoudt-Rowohl, stellvertretende Vorsitzende
Sarna Röser, stellvertretende Vorsitzende
Dr. Joachim Seeler, stellvertretender Vorsitzender
Linda Teuteberg MdB, stellvertretende Vorsitzende
Dr. Nicolaus Heinen, Schatzmeister

Inhaltlich verantwortlich (gemäß § 55 RStV):

Marcus M. Lübbering
Geschäftsführer
Johanniterstraße 8
53113 Bonn
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